Syringomyelie und Schmerz

Was ist Syringomyelie?

Die Syringomyelie ist eine Veränderung, die überwiegend das Rückenmark (selten die unteren Abschnitte des Gehirns) betrifft. Das Rückenmark ist das Nervenorgan, das innerhalb der Wirbelsäule von der Schädelöffnung bis zur Lendenwirbelsäule verläuft. In seinem Verlauf von der Schädelbasis bis zum Ende der Wirbelsäule an der Hüfte nimmt es sensorische Nerven (z.B. für Schmerz-, Temperatur- oder Druckempfinden) aus dem Körper auf und gibt motorische Nerven (z.B. für die Bewegungssteuerung von Muskeln) ab. Das Rückenmark ähnelt in seinem Aufbau dem Gehirn. Es enthält einen schmetterlingsförmigen Kern aus grauer Substanz, der hauptsächlich Nervenzellen enthält. Dieser ist umgeben von weißer Substanz, die vor allem aus Nervenfasern besteht.

Der Begriff „Syringomyelie“ setzt sich aus den griechischen Wörtern Syrinx (Rohr, Flöte) und Myelos (Rückenmark) zusammen und wurde zur Beschreibung dieser Erkrankung erstmals von Olliver D’Angers 1824 verwendet. Er beschrieb damit eine Erkrankung, bei der durch eine zunehmende Bildung flüssigkeitsgefüllter röhrenförmiger Hohlräume in verschiedenen Regionen des Rückenmarks neurologische Ausfälle auftreten. Erreichen die Hohlräume den Hirnstamm, dann bezeichnet man dies auch als „Syringobulbie“.
 

Syringomyelien treten gehäuft bei angeborenen Fehlbildungen auf, z.B. bei der häufigsten Kleinhirnfehlbildung, der Arnold-Chiari-Malformation.

Klinisch bedeutsam sind Syringomyelien, die als Folge eines Tumors, einer Verletzung (z.B. schwerer Sturz, Verkehrsunfall, Schlag auf den Rücken) oder einer Hirnhautentzündung auftreten. Die Ursache sind hier meist Verwachsungen und Verdickungen einer Rückenmarkshülle (der „Arachnoidea“), welche man oft chirurgisch beseitigen und damit ein Fortschreiten der Erkrankung aufhalten kann.

Wichtig ist, dass das radiologische Bild einer Erweiterung des Zentralkanals oder flüssigkeitsgefüllter Räume („Höhlen“) außerhalb dieses Zentralkanals im Rückenmark allein nicht immer krankhaft sein muss. Die Aufgabe der Diagnostik ist es daher, die krankmachenden Formen der  Syringomyelie von nicht krankhaften anatomischen Varianten abzugrenzen.
 

Symptome

Da der Krankheitsprozess meist im Bereich um den Zentralkanal des Rückenmarks beginnt, sind zunächst meist die Faserzüge des Rückenmarks betroffen, die in der Nähe des Zentralkanals liegen. Diese führen Fasern, welche Temperaturempfinden und Schmerzen an das Gehirn vermitteln. Daher ist die Folge einer Syringomyelie bei der Hälfte aller Patienten zunächst ein ein- oder beidseitiger Verlust von Temperatur- und Schmerzwahrnehmung bei erhaltenem Vibrations- und Berührungsempfinden.

Sehr häufig sind bei der Syringomyelie aber auch Schmerzen, gefolgt von Gefühlsstörungen oder motorischen Ausfällen z.B. in Form von Gangstörungen (so genannte „spinale Ataxie“), Blasen- und Mastdarm-Entleerungsstörungen und Missempfindungen mit einem brennenden Charakter. Störungen der Funktion von Hirnnerven (Schluckstörungen, Heiserkeit, Schiefhals) treten nur bei Beteiligung des Hirnstamms auf. Manöver, die mit einem plötzlichen Anstieg des Drucks im Rückenmark einhergehen (z. B. starkes Niesen, Husten oder Pressen) können zu plötzlichen, manchmal dauerhaften Verschlechterungen mit Zunahme oder erstmaligem Auftreten von Schmerzen führen.

Schmerzen bei Syringomyelie

Bei fast 60% aller Patienten sind Schmerzen das erste Symptom und häufig die wesentliche Ursache für eine Schwerbehinderung. Fast immer treten die Schmerzen spontan, also ohne direkten Anlass auf und meistens (2/3 der Fälle) kommen sie anfallsartig. Nur bei etwa einem Fünftel der Patienten lassen sich durch Druck und Berührung Schmerzen in den betroffenen Arealen auslösen. Etwa 70% der Patienten geben die Schmerzen als mittelschwer, 11% als schwer an.

Die Schmerzen betreffen die Körperregionen, welche von den Bereichen des Rückenmarks versorgt werden, die auf Höhe und unterhalb der Syringomyelie gelegen sind. Statistisch am häufigsten ist der Rumpfbereich betroffen. Dabei überlappen die schmerzhaften Regionen nur teilweise mit den Regionen, in andere Gefühlsstörungen empfunden werden (z.B. Temperaturempfindungsstörungen, Taubheitsgefühle, Kribbelmissempfindungen).

Behandlung der Syringomyelie

Die als Folge einer Erkrankung, v.a. bei Verwachsungen der Rückenmarkshäute nach Entzündungen oder nach Verletzungen, Chiari-Malformation, Tumore im Rückenmark, ausgelöste Syringomyelie kann man heilen. Leider verbleiben aber nicht selten neurologische Störungen. Ziel der Behandlung ist daher vor allem die Ausschaltung der Ursache, um das Fortschreiten der Syringomyelie aufzuhalten. In vielen Fällen gelingt es auch, durch diese ursächliche Behandlung schwere Begleitsymptome zu lindern. Dabei kommen verschiedene mikroneurochirurgische Verfahren zum Einsatz, z.B. eine Erweiterung des Hinterhauptslochs bei der Chiari-Malformation und die Beseitigung von Verwachsungen im Wirbelkanal bzw. die Entfernung von Tumoren aus dem Rückenmark.

Auf dem folgenden Bild (© Steffen Rosahl) links und Mitte: Ausgeprägt Syringomyelie bei Arnold-Chiari-Fehlbildung mit Liquorzirkulationsstörung durch Kleinhirnanteile im Hinterhauptsloch. Rechts: Nach Beseitigung der Fehlbildung fällt die Syrinx oft in sich zusammen.
 

Funktionsstörungen des Rückenmarks, welche wegen der Zerstörung der betroffenen Rückenmarksbereiche durch eine Syringomyelie nicht mehr umkehrbar sind (z.B. manchmal verbleibende Schmerzen), muss man symptomatisch mit den Methoden der interdisziplinären Schmerzmedizin behandeln.
 

WebTipp:
Informationen über das Krankheitsbild unter www.diagnose-ungewiss.com und www.deutsche-syringomyelie.de

Mit bestem Dank an den Autor Steffen Rosahl