Unterbauchschmerz der Frau

Der Unterbauchschmerz der Frau kann sowohl zyklisch (im zeitlichen Zusammenhang mit der Menstruation), nicht-zyklisch (ohne zeitlichen Zusammenhang zur Menstruation) als auch situationsbedingt sein. Begleitend und ggf. verstärkend bestehen im Zusammenhang mit den chronischen Schmerzen oft psycho-soziale Konflikte. Chronische Unterbauchschmerzen können dabei auch zeitverzögert nach einer psychisch belastenden Lebenssituation entstehen.

Belastungssituationen machen sich häufig als körperliche Schmerzen in verschiedenen Körperregionen bemerkbar. Solche Schmerzen bezeichnet man als psychosomatisch (mit-)bedingte Schmerzen. Die entsprechende Erkrankung nennt man „somatoforme Schmerzstörung“. Auch bei chronischen Unterbauchschmerzen liegt häufig eine somatoforme Schmerzstörung vor (siehe auch den Beitrag zu „Somatoforme Schmerzstörung“).
 

Man geht heute davon aus, dass in Deutschland etwa jede 10. Frau an chronischen Unterbauchschmerzen leidet.

Dabei treten die Schmerzen vermehrt bei Frauen unter 40 Jahren auf. Eine einheitliche internationale Definition zum chronischen Unterbauchschmerz gibt es bisher nicht. Dies ist auf die Vielgestaltigkeit dieses Krankheitsbildes mit immer wieder unterschiedlichen Symptomen und Verursachungen zurückzuführen.
 


Unklare Ursachen

Die Ursache von chronischen Unterbauchschmerzen bei der Frau ist unklar. Allerdings können sie in Kombination mit psychischen und körperlichen Befunden auftreten, wobei auch hier oft unklar bleibt, ob eine ursächliche Beziehung der Befunde zu den bestehenden Schmerzen vorliegt.
 

Häufige psychische und körperliche Befunde, die neben einer somatoformen Schmerzstörung im Zusammenhang mit chronischen Unterbauchschmerzen gefunden werden, sind:

  • Endometriose (manchmal schmerzhaftes Wachstum der Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutterhöhle im Becken oder Bauchraum)
  • Chronische Entzündungen des kleinen Beckens
  • Verwachsungen im Bauch nach Entzündungen oder Operationen
  • Entzündungen des Urogenitaltrakts (Harn- und Geschlechtsbereich: z.B. Scheide, Eileiter, Eierstöcke, Gebärmutter, Niere, Harnblase, Harnleiter)
  • Reizdarmsyndrom
  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)
  • Fibromyalgiesyndrom
  • Depression
  • Angsterkrankungen

Im Folgenden sollen die gynäkologischen (Frauen-)Erkrankungen und Befunde, die häufig mit dem Symptom „chronischer Unterbauchschmerz“ einhergehen, näher erklärt werden.
 

  • Endometriose:
    Der Name der Erkrankung leitet sich von Endometrium ab, der medizinischen Bezeichnung für die Gebärmutterschleimhaut. Normalerweise kleidet diese Schleimhaut nur das Innere der Gebärmutterhöhle aus. Bei Endometriose handelt es sich um eine häufige und gutartige Erkrankung von Frauen. Sie ist durch Auftreten von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle charakterisiert. Endometriose kommt meist im unteren Bauch- bzw. Beckenraum vor, kann aber grundsätzlich überall im Körper bestehen. Diese versprengten Endometrioseherde wachsen während des Monatszyklus analog zur Gebärmutterschleimhaut. Damit verbunden sind krampfartige Schmerzen sowie oft chronische Bauch- und Rückenschmerzen, die vor und während der Menstruation auftreten können. Die wichtigsten Symptome der Endometriose sind chronische Schmerzen und Unfruchtbarkeit. Ihre Ursache ist unklar.
  • Chronische Entzündungen des kleinen Beckens und Verwachsungen im Bauch nach Entzündungen oder Operationen: Entzündungen der inneren Genitalorgane (z.B. der Eileiter und Eierstöcke) und Operationen können im kleinen Becken und Bauchraum zu bindegewebigen Strukturen im Sinne von Narbenbildungen führen. Diese nennt man Adhäsionen. Diese Verwachsungen oder Adhäsionen können als Reparaturmechanismen des Körpers verstanden werden, die nach Operationen oder Entzündungen auftreten, bei denen es in der Regel zu Gewebeverletzungen gekommen ist. Es ist denkbar, dass Adhäsionen wiederum Schmerzen hervorrufen können, u.a. weil sie aus anderem Gewebe als dem Ursprünglichen bestehen, also z.B. eine geringere Elastizität (Dehnbarkeit) aufweisen als das Ursprungsgewebe. Aus diesem Grund sollen auch wiederholte Operationen wenn möglich vermieden werden, da sie ggf. mehr schaden als nutzen. Eine eindeutige Beziehung zwischen der Ausprägung von Verwachsungen und dem Schmerzgrad besteht nicht. So gibt es teilweise Patientinnen mit starken Verwachsungen und geringen oder gar keinen Beschwerden und Patientinnen mit nur geringen Verwachsungen und sehr starken Schmerzen.
  • Entzündungen des Harn- und Geschlechtsbereichs (Urogenitaltrakt) können zu chronischen Beckenschmerzen führen. Im chronischen Zustand handelt es sich oft um eine dann somatoforme urologische Erkrankung (siehe auch den Beitrag zu „Somatoforme Schmerzstörung"), die nach einer psychosomatischen Blasenentleerungsstörung im Zusammenhang mit chronischer Anspannung entstanden ist. Typischerweise sind es meist jüngere Frauen, die unter seit Monaten oder Jahren bestehenden Schmerzen unterschiedlicher Qualität (Brennen, Ziehen, Druck etc.) im Bereich des Urogenitaltrakts leiden. Diese Beschwerden sollten dann durch einen Urologen abgeklärt werden.

Empfohlene Untersuchungen

Nach einem ausführlichen Gespräch, in dem auch belastende Aspekte des Alltags oder mögliche Konfliktsituationen zur Sprache kommen sollten, wird eine gründliche körperliche Untersuchung empfohlen. In jedem Fall sollte eine gezielte frauenärztliche Untersuchung in Kombination mit einem Scheiden-Ultraschall stattfinden. Derzeit wird empfohlen, bei anhaltenden Schmerzen über mehr als 6 Monate eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchzuführen. Mehrfache Operationen sind dabei in der Regel nicht sinnvoll und sollten vermieden werden. Auch Röntgenaufnahmen, eine Computertomographie und eine Kernspintomographie sollten nur in Ausnahmesituationen stattfinden. Je nach Beschwerdebild werden ergänzende Untersuchungen durchgeführt.

Wichtig ist die psychologische Begleitung schon des diagnostischen Prozesses, da die Schmerzen oft eine große psychische Belastung sind. Häufig können das die behandelnden Frauenärzte und -ärztinnen tun, die eine Ausbildung in psychosomatischer Grundversorgung haben. Sie sollten auch die ersten Ansprechpartner sein und die weitere Diagnostik und Therapie im Sinne eines Lotsen koordinieren.
 

Wie bei allen chronischen Schmerzerkrankungen sollten auch bei der Behandlung chronischer Unterbauchschmerzen Ärzte aus verschiedenen Fachgebieten gut zusammenarbeiten.

Behandlungsmöglichkeiten

Bei Patientinnen mit chronischen Unterbauchschmerzen führt ein multimodales Behandlungskonzept am ehestens zum Erfolg. In diesem Konzept werden medizinische, physiotherapeutische und psychologische Maßnahmen kombiniert. Es kann sinnvoll sein, diese Maßnahmen zunächst mit einem stationären Aufenthalt in einer Fachklinik zu verbinden, um sie dann ambulant weiterzuführen. Eine für Frauen spezifische Behandlungsweise gibt es nicht, aber es gibt durchaus Kliniken, die sich auf die Behandlung und Rehabilitation bei Frauenkrankheiten, wie z. B. der Endometriose, spezialisiert haben.Vermieden werden sollte in jedem Fall eine ‚Operationskarriere‘ mit wiederholten chirurgischen Eingriffen, die dann meist nicht die Klärung der Schmerzursache erbringen, sondern durch wiederholte Gewebeschädigung zur Verstärkung der chronischen Schmerzen beitragen.
 

Weitergehende Informationen finden Sie im Kapitel Nützliche Bücher-Links-Filme.

Mit bestem Dank an die Autorin Friederike Siedentopf