Medikamentöse Schmerzbehandlung

Medikamente - Ein wertvoller Baustein in der Schmerzbehandlung

Schmerzmittel sind ein wichtiger Baustein im Rahmen einer Schmerzbehandlung. Bei langanhaltenden Schmerzen sollte die medikamentöse Therapie durch weitere Verfahren wie beispielsweise Psychotherapie oder Physiotherapie (Krankengymnastik) ergänzt werden, denn Medikamente gegen Schmerzen beseitigen in der Regel nicht begleitende seelische Belastungen oder beispielsweise körperliche Fehlhaltungen bei Muskelverspannung. Zusätzlich können Schmerzmittel auch belastende Nebenwirkungen haben. Im Vordergrund steht deshalb bei einer medikamentösen Schmerzeinstellung das Herausfinden des bestmöglichen Gleichgewichts zwischen einer guten Schmerzlinderung und gleichzeitig noch gut aushaltbaren Nebenwirkungen.

Die Behandlung mit Schmerzmedikamenten gelingt dabei nicht bei jeder Schmerzerkrankung gleichermaßen gut. Die Wirksamkeit der Medikamente unterscheidet sich je nach zugrunde liegender Schmerzursache. Abhängig von der Schmerzdiagnose werden unterschiedliche Medikamentengruppen zur Behandlung eingesetzt. Am wichtigsten ist die Unterscheidung zwischen Gewebeschmerzen (= nozizeptive Schmerzen) und Nervenschmerzen (= neuropathische Schmerzen). Gewebeschmerzen sprechen auf die meisten Schmerzmedikamente an. Nervenschmerzen werden dagegen meist mit Wirkstoffen behandelt, die zuvor verletzte Nerven wieder beruhigen, wie dies beispielsweise ausgewählte Medikamente tun, die sonst gegen Depression oder epileptische Anfälle wirken.

Neben der Einteilung in die Schmerzursache und die Dauer (akut oder chronisch)des Schmerzes, gibt es noch weitere Besonderheiten in der Medikamentenbehandlung von Schmerzerkrankungen. Hierzu zählen besondere Empfehlungen zur Vorgehensweise bei Tumorschmerzen und Medikamente, die nur bei Kopfschmerzen helfen.
 

Der Umgang mit Schmerzmitteln braucht realistische Ziele

Viele Menschen hoffen bei langanhaltenden Schmerzen auf ein Wundermittel, das den Schmerz wegzaubert und gleichzeitig hervorragend verträglich ist. Zu den wichtigen Erfahrungen in der medikamentösen Schmerzbehandlung gehören demgegenüber Geduld und Kompromissbereitschaft. Oft dauert es einige Tage oder wenige Wochen bis es zu einer ausreichend guten Schmerzeinstellung kommt. Das liegt meist an den Nebenwirkungen, die Schmerzmittel haben können, beispielsweise Müdigkeit, Schwindel oder Übelkeit. Diese Nebenwirkungen sind bei einer kleinen Medikamentenmenge gering und nehmen rasch an Stärke zu, wenn die Behandlung mit einer zu hohen Startdosis begonnen wird. Aus diesem Grunde beginnen die meisten Schmerzspezialisten die Behandlung mit niedrigen Schmerzmittelmengen und erhöhen dann im Abstand von Tagen in kleinen Schritten die Dosis bis entweder eine gute Schmerzeinstellung erreicht ist oder Nebenwirkungen auftreten, die der Schmerzpatient nicht mehr auszuhalten bereit ist. Um dieses Gleichgewicht zu finden, braucht es Zeit und Geduld!
 

Die medikamentöse Schmerztherapie ist zumeist ein Balanceakt zwischen „guter Wirksamkeit“ und „guter Verträglichkeit“.

Dabei kann es möglich sein, dass selbst beim geschickten Kombinieren verschiedener Schmerzmittel, also dem gleichzeitigen Einnehmen unterschiedlicher Schmerzwirkstoffe mit verschiedenen Ansatzpunkten zur Schmerzbehandlung, keine vollständige Schmerzfreiheit zu erreichen ist. Wenn „Schmerzfreiheit“ als realistisches Ziel nur selten zu erreichen ist, was darf eigentlich von einer wirksamen Schmerztherapie erwartet werden? Experten und Schmerzstudien gehen davon aus, dass eine Behandlung gut wirkt, wenn sich die Schmerzstärke um mehr als ein Drittel lindern oder noch besser mehr als halbieren lässt. Demgegenüber wünschen sich die von Schmerzen betroffenen Patienten meist viel, viel mehr! Realistische Erwartungen sollten von den behandelnden Ärzten offen angesprochen werden, damit nicht zu hohe Erwartungen an die Schmerztherapie mit Medikamenten und am Ende Enttäuschung entstehen. Das Ziel ist nicht immer die bestmögliche Schmerzlinderung, sondern die bestmögliche Sicherheit, Verträglichkeit und damit vor allem Lebensqualität!
 

Bitte beachten:
Schmerzen haben eine Warn- und Schutzfunktion im Körper. Diese Warnfunktion sollte nicht durch Schmerzmittel unterdrückt werden, um dann den Körper weiter zu überlasten. Ein Beispiel für einen Fehlgebrauch ist ein Marathonläufer, der Schmerzmittel einnimmt, um die Belastung des Rennens besser durchzustehen.

Hinweis zum Thema Geduld

Oft wird die Frage gestellt, wie schnell eigentlich die unterschiedlichen Schmerzmittel wirken? Das hängt tatsächlich von jedem Wirkstoff ab. Generell gilt, dass die meisten Tabletten innerhalb von 30 bis 60 Minuten zu wirken beginnen. Es werden schnell freisetzende (sogenannte unretardierte) Wirkstoffe unterschieden, deren Wirkung rascher einsetzt, aber meist nur für bis zu 4 Stunden andauert. Beispiele sind Metamizol, Paracetamol, Ibuprofen, Morphin, Hydromorphon. Damit tagsüber nicht zu häufig Tabletten eingenommen werden müssen, gibt es für viele dieser Wirkstoffe auch langwirksame Retardzubereitungen, die in der Regel für 12 Stunden helfen. Mit solchen Wirkstoffzubereitungen, meist in Tablettenform, reichen dann 2 Einnahmen für die Schmerzbehandlung aus, beispielsweise Morphin retard am Morgen und Abend. Für das häufig verwendete Metamizol mit einer Wirkdauer von 4 Stunden gibt es leider in Deutschland keine Retardzubereitung. Entsprechend sollte dieser Wirkstoff eigentlich sechsmal täglich eingenommen werden (6 x 4 Stunden = 24 Stunden = 1 Tag). Die meisten Schmerzspezialisten begnügen sich aber mit 4 oder 5 Einnahmen, damit der Schmerzpatient nicht mitten in der Nacht für eine Tabletteneinnahme aufstehen muss. Andersherum ist es ein Ärgernis, wenn Patienten von starken Schmerzen gequält sind, weil sie Metamizol nur zweimal oder dreimal täglich vom Arzt verschrieben bekommen haben. Es ist klar, dass in diesem Fall eine Wirkung nur an 2 x 4 Stunden = 8 Stunden oder 3 x 4 Stunden = 12 Stunden am Tag vorhanden ist.
 

Bitte fragen Sie als Schmerzpatient Ihren Arzt, ob die Medikamentenauswahl auch wirklich den ganzen Tag einschließlich Schlafenszeit abdeckt!

Die Schmerzbehandlung hängt mit der Schmerzdauer zusammen

Es macht einen Unterschied, ob Schmerzen plötzlich (akut) auftreten, beispielsweise bei einer Sportverletzung, oderlanganhaltend (chronisch) bestehen. Akutschmerzen sind sehr oft Gewebeschmerzen, deren Behandlung weiter unter beschrieben wird. Chronische Schmerzen sind meist anders. Hier dauern Schmerzen über ein nachvollziehbares Maß nach Auftreten einer Verletzung an oder treten im Rahmen einer chronischen Erkrankung auf. In Studien und Regelwerken zur Einteilung für Experten wird für Kopfschmerzen oft ein Zeitraum der Schmerzdauer von mehr als 3 Monaten, bei allen anderen Schmerzen von mehr als 6 Monaten angenommen. Bei solchen chronischen Schmerzen verliert der Schmerz seine natürliche Warnfunktion. Die Schmerzen selbst werden zu einer Schmerzerkrankung! Auch dann, wenn das Schmerzgeschehen seinen Ursprung in körperlichen Problemen hatte, können zusätzliche seelische Begleiterkrankungen auftreten wie Ängste, Depressionen oder schwere Schlafstörungen. Aus diesem Grunde ist es häufig sinnvoll, verschiedene Behandlungsansätze klug miteinander zu verbinden, etwa Medikamente einzusetzen, die vorhandene Depressionen behandeln, gleichzeitig aber auch wirksam sind gegen Nervenschmerzen. Natürlich wird in so einem Fall auch eine Schmerzpsychotherapie gebraucht, die sinnvoll durch Krankengymnastik oder andere Verfahren ergänzt werden kann, etwa Biofeedback

Fazit
Die medikamentöse Schmerzbehandlung ist ein wertvoller Baustein in der Schmerztherapie und braucht Zeit und Geduld. Wunder dürfen nicht erwartet werden! Es kommt bei der Einstellung auf Schmerzmittel auf das richtige Gleichgewicht zwischen Wirksamkeit gegen den Schmerz und dem Auftreten von Nebenwirkungen an! Schmerzmittel haben unterschiedliche Ansatzpunkte für die Wirkung. Die meist schwächer wirksamen NSAR und Coxibe wirken am Entstehungsort der Schmerzen und sorgen dafür, dass dort weniger Schmerzen entstehen. Im Unterschied hierzu wirken beispielsweise Opioide oder Antidepressiva am zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und beeinflussen die Weiterleitung von Schmerzen zu den Hirnbereichen, die für die Wahrnehmung der Schmerzen verantwortlich sind.
 

Mit bestem Dank an die Autoren Sonja Hiddemann, Roman Rolke