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Endometriose und Schmerz
Endometriose ist eine gutartige, aber chronische Erkrankung, die während der gebärfähigen Lebensphase der Frau auftreten kann. Dabei siedelt sich Gewebe, ähnlich dem der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) außerhalb der Gebärmutterhöhle auf dem Bauchfell im kleinen Becken an. Auch Gebärmutterwand selber, Eierstöcke, Darm oder Blase können betroffen sein. In seltenen Fällen sind auch andere Organe betroffen, wie z.B. die Lunge. In den meisten Fällen werden diese Endometrioseherde von den Geschlechtshormonen beeinflusst und machen wiederkehrende (zyklische) Veränderungen durch. Die Folge davon sind Entzündungsreaktionen, die Bildung von Zysten (krankhafter, mit Flüssigkeit gefüllter sackartiger Hohlraum im Gewebe) und die Entstehung von Vernarbungen und Verwachsungen. Endometriose ist außerdem eine der häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit.
Das Vorkommen der Endometriose wird mit 2-20% aller Frauen im gebärfähigen Alter angegeben und stellt somit eine der häufigsten gutartigen gynäkologischen Erkrankungen dar. Wir gehen von ca. 2 Mio. betroffen Frauen in Deutschland aus. Nicht alle Frauen haben Beschwerden, dennoch besteht bei ca. 50% ein anhaltender Therapiebedarf. Neben der starken körperlichen Einschränkung durch Schmerzen stellt das Wiederauftreten der Erkrankung in 50-80% der Fälle, auch nach operativer und hormoneller Therapie, ein großes Problem dar.
Äußerst problematisch ist, dass das Zeitintervall vom Auftreten der Symptome bis zur Diagnosestellung im Mittel 6-8 Jahre betragen kann. Diese Problematik ist unter anderem durch die Unkenntnis der Zusammenhänge der Schmerzmechanismen der Endometriose, aber auch durch die mangelnde Bekanntheit dieser Erkrankung unter Ärzten bedingt. Die häufig „unauffälligen“ körperlichen Untersuchungsbefunde erschweren die Diagnose und setzen eine ausführliche Aufnahme des Gesundheitszustands in Kenntnis voraus.
Symptome
Die Symptome und Folgen sind vielfältig und können einzeln oder kombiniert auftreten. Dabei stehen die Beschwerden nicht immer in direktem Verhältnis zum Grad der Ausbreitung. Das heißt, kleinere Herde können heftige Beschwerden verursachen, während Frauen mit ausgedehnten Herden unter Umständen nichts von ihrer Krankheit bemerken.
Die Regelschmerzen treten meist schon recht früh nach Einsetzen der Periode ein und nehmen meist über die Zeit noch zu. Oft sind diese auch mit starken sogenannten vegetativen Begleitsymptomen kombiniert, d.h. dass der Körper mit Kreislaufschwankungen, Übelkeit, Erbrechen bis hin zu Regel-assoziierten Durchfällen reagiert.
Oft werden aufgrund von starken Regelschmerzen und sehr starken Blutungen (Hypermenorrhoe) Hormonpräparate verschrieben. Bei den meisten Frauen mit der späteren Diagnose Endometriose führt die reguläre Einnahme der Pille zu einer Abbruchblutung, die ebenso oder nur etwas weniger schmerzhaft ist, als ohne Pille. Das ist ein weiterer wichtiger Hinweis auf Endometriose. Andere Frauen entwickeln erst in späteren Jahren, manchmal sogar erst nach erfolgten Geburten, Regelschmerzen. Dann kann eine Endometriose (Adenomyosis uteri) dahinter stecken. Ebenso bei Unterbauchschmerzen, die die Regelblutung schon mehrere Tage vorher ankündigen.
Im Verlauf der Erkrankung können sich die Unterbauchschmerzen ausdehnen und zu den regelmäßig wiederkehrenden Schmerzen z.B. vor/während oder nach der Blutung noch andere unregelmäßige Unterbauchschmerzen auftreten. Dies kann auch der Fall sein, wenn Frauen die Pille nehmen. Diese unregelmäßigen Unterbauchschmerzen verwirren manchmal und erschweren die Diagnose als Endometriose.
Die Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hingegen sind oft eher nicht zyklisch, sondern unregelmäßig, teilweise auch abhängig von der Stellung. Die Schmerzen sind dabei typischerweise in der Tiefe lokalisiert und weniger am Scheideneingang.
Weiterhin gibt es eine Reihe von unspezifischen Begleitsymptomen, die die Diagnosestellung und das klare klinische Bild (Gesamtheit der Symptome) oft erschweren. Dazu gehören insbesondere unspezifische Darm- und Blasenfunktionsstörungen wie Blähbauch und Bauchschmerzen, Stuhlgangs-assoziierte Beschwerden. Auch eine Schmerzausstrahlung in den Rücken und/oder die Beine wird häufig beschrieben. Gelegentlich kann es auch zu zyklischen Schulterschmerzen z.B. bei einer Zwerchfell-Endometriose kommen.
Diagnose
Ursachen
Obgleich die Krankheit schon 1861 beschrieben wurde, gibt es noch keine gesicherten Theorien zur Entstehung der Endometriose. Aktuelle Überlegungen sind, dass die Erkrankung primär in der Gebärmutter beginnt. Durch verstärkte Bewegungsabläufe kommt es zu einer Gewebsschädigung in der Schicht zwischen Gebärmutterschleimhaut und Muskulatur, die dabei freigesetzten Botenstoffe aktivieren Wundheilungsprogramme, infolgedessen, dann lokal Östrogen gebildet wird. Dieses Hormon steuert und verstärkt wiederum die Bewegungsbereitschaft der Gebärmuttermuskulatur mit immer stärkeren Bewegungen. Möglicherweise werden dabei Stammzellen aktiviert, die ihre Nische verlassen und dann in die Muskulatur einwandern und dort Endometrioseherde in der Gebärmuttermusklulatur bilden (Adenomyosis Uteri) oder durch die Eileiter in den Bauchraum gelangen und sich dort zu Bauchfellherden entwickeln.
Therapie
Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, die die Betroffene Frau in der Regel viele Jahre begleitet, muss ein individuelles Behandlungskonzept erstellt werden, in dem definiert wird. welche Ziele für die Patientin vorrangig sind? Für viele Frauen steht die Erreichung von Schmerzfreiheit oder die Erfüllung des Kinderwunsches im Vordergrund. Bei der meist langjährigen Behandlung muss bedacht werden, dass Körper und Psyche zusammen betroffen sind, warum eine gute Aufklärung wichtig ist.
Die Patientinnen sind häufig einem enormen Leidensdruck ausgesetzt, so dass die Behandlung durch die Frauenärztin/ den Frauenarzt in vielen Fällen nicht ausreicht. Sinnvoll ist oft die Zusammenarbeit eines Teams aus den Bereichen der Schmerztherapie, Psychosomatik und ganzheitlicher Medizin, um mit der Patientin den für sie besten Weg im Umgang mit der Erkrankung zu finden.
Operation
Die diagnostische Laparoskopie (Bauchspiegelung) ist gleichzeitig der erste Schritt einer chirurgischen Therapie. Bei der Operation können die Herde entfernt werden. Die Entfernung ganzer Organe wie z.B. Eierstock / Gebärmutter ist im Allgemeinen nicht notwendig, dennoch können diese Operationen sehr komplex sein und sollten von einem erfahrenen Operateur/in durchgeführt werden.
Hormontherapien:
Die Gabe von Hormonen zielt auf die Hormonabhängigkeit der Endometrioseherde ab. Die erwünschte Wirkung ist hier die Verhinderung der Freisetzung von Botenstoffen. Es geht also darum, die Aktivität der Endometrioseherde zu stoppen. Da man mit einer generellen Hormoneinnahme nicht nur gezielt die verstreuten Endometriosezellen erreicht, sondern auch die Schleimhaut der Gebärmutter, kommt es zum Ausbleiben der Monatsblutung.
Schmerztherapie:
Durch die Gabe von Schmerzmedikamenten wird der durch die Endometriose verursachte Schmerz behandelt. Diese Medikamente haben keinen Einfluss auf den Verlauf der eigentlichen Erkrankung. Man spricht daher von einer "symptomatischen Therapie".
Schmerzmechanismen:
Leider sind nicht alle Patientinnen nach erfolgter Operation und/oder Hormontherapie beschwerdefrei, daher muss man die Schmerzmechanismen, die hier zugrunde liegen verstehen.
Neben den lokalen Herden ist die zunehmende Empfindlichkeit (Sensitivierung) von umliegenden freien Nervenendigungen des Bauchfells von entscheidender Bedeutung bei der Schmerzweiterleitung. Ruhende Schmerzfasern werden dabei in einen aktiven Zustand überführt und können dann dauerhaft stimuliert sein. Zudem scheinen Mechanismen im Rückenmark und Gehirn zu einer Schmerzüberempfindlichkeit zu führen, die das individuell unterschiedliche Schmerzerleben erklären können. Sehr häufig entwickeln Frauen mit zunehmend chronischen Schmerzen auch eine Beckenbodenverspannung. Durch Schonhaltung kommt es zu Muskelverspannungen, die auch zu Fehlstellungen des Bewegungsapparates führen. Damit geht dann eine Schmerzsteigerung einher. Eine dauerhafte Aktivierung der Beckennerven führt zu Störungen in der Schmerzwahrnehmung. Häufig kommt es zu einer Überempfindlichkeit im Beckenbereich, dabei werden an sich normale Berührungen bereits als starke Schmerzen empfunden. Dies wird z.B. bei der gynäkologischen Untersuchung deutlich, wenn der Beckenboden abgetastet wird und dies extrem schmerzhaft empfunden wird, auch die Bewegung der Genitalorgane wie Bewegungen der Gebärmutter sind dann sehr schmerzhaft.
Dies ist ein sehr wichtiger Punkt im Schmerzverständnis, denn dann sollte dringend eine multimodale Schmerztherapie empfohlen werden (siehe „Interdisziplinär-multimodale Schmerztherapie“).