< Deutscher Schmerzkongress 2019: Einladung zum Patiententag in Mannheim
10.10.2019 09:18 Alter: 5 yrs
Kategorie: Pressemeldungen

Wenn Sport schmerzhaft wird: Was Breitensportlern und Profis hilft – und was nicht


Deutscher Schmerzkongress 2019

Jahrestagung der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) e.V. vom 9. bis 12. Oktober 2019 in Mannheim

 

Wenn Sport schmerzhaft wird: Was Breitensportlern und Profis hilft – und was nicht

 

Mannheim, 10. Oktober 2019 – Sport gilt als wirksame Prävention gegen Schmerzen. Wenn Sport allerdings zur Leistungssteigerung betrieben wird, geht er oftmals mit Schmerzen einher. Dehnen während oder nach dem Sport hilft bei Schmerzen oder zu Vorbeugung gegen diese/vor diesen nicht, auch Einlagen und Orthesen bringen keine Vorteile. Schmerzgels hingegen haben lindernde Effekte. Die Einnahme von Schmerzmedikamenten vor Wettkämpfen, wie etwa Marathonläufen, ist aus Expertensicht ein absolutes Tabu. Die Balance finden zwischen Belastung und Belastbarkeit, das Training reduzieren und pausieren, das rieten Experten der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V., wenn beim Sport Schmerzen auftreten. Auf der Pressekonferenz am 10. Oktober beim Deutschen Schmerzkongress in Mannheim gaben sie Tipps, was bei moderaten Schmerzen hilft und was man getrost lassen kann.

 

Sport und Bewegung wirken präventiv gegen Schmerzen. Bei chronischen Rücken-, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sind sie ein fester, leitliniengesicherter Bestandteil der Therapie. Wenn sich Patienten bereits längere Zeit wenig körperlich betätigen und ihre Belastbarkeit und damit die Schmerztoleranz weit reduziert sind, ist es schwer, die Einstiegschwelle für das „Therapeutikum Sport“ zu überschreiten. „In dieser Situation helfen zusätzliche therapeutische Maßnahmen, bei denen Ärzte, Physio- und Psychotherapeuten und spezialisierte Pflegende beteiligt sind“, erklärt Dr. Paul Nilges, ehemaliger Leitender Psychologe am DRK Schmerz-Zentrum Mainz.

 


Was ist jedoch zu tun, wenn sportliche Aktivitäten zu Schmerzen führen, die über den meist drei bis vier Tage andauernden Muskelkater hinausgehen? Es sei kaum möglich, bei regelmäßigem und körperlich forderndem Training, Schmerz zu vermeiden, sagt Nilges. „Wird die Komfortzone verlassen, was für jede Leistungssteigerung unvermeidbar ist, kommen Beschwerden ganz zwangsläufig“. Der Experte aus Mainz, der selbst einige Jahrzehnte Marathon gelaufen ist, betont, wie wichtig es sei, eine persönliche Balance zwischen Belastung und Belastbarkeit zu finden. Beim Laufen reagiere die Muskulatur dankbar auf Belastung; bei Sehnen, Bändern und Gelenken sieht das anders aus, sie brauchen deutlich länger, um sich an gesteigerte Belastung anzupassen. Eine Überforderung dieser kann zu starken Schmerzen und Verletzungen führen, die dann beispielsweise bei einer Sprunggelenksdistorsion (Überdehnung der Bänder im Gelenk) nur durch das PECH-Schema, also „Pause, Eis, Compression und Hochlegen“, behandelt werden kann.

 


Häufig wird zur Vorbeugung von Schmerz empfohlen, bei oder nach dem Sport Dehnübungen auszuführen. „Wer sich danach besser fühlt, kann das machen. Eine Evidenz dafür haben wir nicht“, weiß Nilges. Mehrere Cochrane-Reviews hätten gezeigt, dass Dehnen keinen relevanten Einfluss auf das Entstehen von Schmerzen hat. Auch für Orthesen und Einlagen fänden sich keine überzeugenden Belege, so Nilges.

 


Anders bei Schmerzgels: Hier kamen Cochrane-Forscher zu dem Ergebnis, dass Gels durchaus helfen, wenn eine Alltagsbewegung oder eine sportliche Aktivität mit Muskelzerrung, Verstauchung und Schmerzen endet. Nach einer Woche könne der Betroffene wieder schmerzfrei aktiv werden. Der Psychologe Nilges warnt jedoch: „Nicht gleich zur Tube greifen. Bei leichten Beschwerden sollte man die Belastung reduzieren, abwarten und die Signale des Körpers kennenlernen.“ Also nicht präventiv nur aus Angst vor möglichen Schmerzen Schmerzgel verwenden. Angst ist kein guter Begleiter und lässt viele Hobbyläufer zu Schmerzmitteln vor dem Wettkampf greifen. „Tablettenschlucken ist ein No-Go.“, betont Nilges. „Aus Untersuchungen bei Marathonläufern wissen wir, dass die Hälfte von ihnen vor dem Lauf Mittel wie Diclofenac, Ibuprofen oder Azetylsalizylsäure (Aspirin) einnehmen, was gravierende Folgen haben kann“, ergänzt Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. Schmerzen haben meist eine Warnfunktion. Wird unter dem Einfluss von Schmerzmitteln gelaufen, dann werden Gelenke und Muskeln überlastet. Die Verletzungsgefahr steigt und zudem schädigen die Substanzen die Blutgefäße, was zu Darmblutungen und Nierenversagen führen kann. „Unser Appell an Sportlerinnen und Sportler ist: Hände weg von dieser Form des Medikamentenmissbrauchs“, sagt Isenberg.

 


Ein bisschen Schmerz darf sein, so das Fazit von Nilges. Regelmäßiger Sport (zur Verbesserung von Ausdauer und Kraft) wirkt lebensverlängernd und schützt vor Gebrechlichkeit im Alter. Auch auf die Psyche und die „Selbstwirksamkeitsüberzeugung“, also das Wissen, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können, sind die Auswirkungen positiv. „Wer körperlich aktiv ist, Sport treibt und/oder sich viel bewegt, kann mit anderen Belastungen des Lebens besser umgehen und erhöht seine Lebensqualität“, weiß der Psychologe.

 

Literatur:

Brett, R. et al. Association of Efficacy of Resistance Exercise Training With Depressive Symptoms. JAMA Psychiatry 2018.

Chakravarty, E.F. et al. Reduced Disability and Mortality Among Aging Runners A 21-Year Longitudinal Study. Arch Intern Med. 2008;168(15):1638-1646

Cochrane. Topical NSAIDs for acute musculoskeletal pain in adults.

Cochrane. Interventions for preventing lower limb soft-tissue running injuries.

Hviid, J.-C. T. et al. Walking increases pain tolerance in humans an experimental cross-over study. Scan. J. Pain online

Küster M. et al. Consumption of analgesics before a marathon and the incidence of cardiovascular, gastrointestinal and renal problems: a cohort study. BMJ Open 2013; Apr 19

 

Terminhinweise:

 


Thema: Psychologische Schmerztherapie

SY06 – Schmerz und Schmerzbewältigung bei Sportlern

Termin: Donnerstag, 10. Oktober 2019, 10.30 bis 12.00 Uhr

Vorsitz: W. Eich (Heidelberg)

Ort: Congress Center Rosengarten Mannheim, Raum „Gustav Mahler 1“

Anschrift: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim

 

Öffentlicher PATIENTENTAG 2019

Organisation: Ch. Maihöfner (Fürth) und T. Sprenger (Wiesbaden)

Termin: Samstag, 12. Oktober 2019, 11.00 bis 14.00 Uhr

Ort: Dorint Kongresshotel, Raum „Ludwig van Beethoven“

Anschrift: Friedrichsring 6, 68161 Mannheim

Kongressprogramm und Programm des Patiententages:

 

https://schmerzkongress2019.de/programm/kongressprogramm/

 

Zum Deutschen Schmerzkongress:

Der jährlich stattfindende Deutsche Schmerzkongress reflektiert die enorme Bedeutung des Symptoms Schmerz in sämtlichen Bereichen der Medizin und das stetige Bemühen der Schmerzexperten, den Schmerz wirksam(er) zu bekämpfen. Unter dem Kongress-Motto „MitGefühl zum Schmerz“ werden aktuelle Themen der Medizin wie Telemedizin und E-Health sowie schmerzmedizinspezifische Fragestellungen wie Qualität der stationären Akutschmerztherapie, Schmerzregister, Migräneprophylaxe und neue Schmerzkonzepte behandelt. Mit etwa 60 wissenschaftlichen Symposien und Dutzenden Workshops und Seminaren deckt der Schmerzkongress das gesamte Themenspektrum der Schmerzdiagnostik und -therapie ab. Rund 2000 Teilnehmer – Mediziner verschiedener Fachgebiete, Psychologen, Pflegende, Physiotherapeuten, Apotheker und andere – werden erwartet.

 

Kongress-Pressestelle

Deutscher Schmerzkongress 2019

Dagmar Arnold und Michaela Richter

Postfach 30 11 20

70451 Stuttgart

Telefon: 0711 8931-380/-516, Fax: 0711 8931-167

E-Mail: arnold@medizinkommunikation.org, richter@medizinkommunikation.org

www.schmerzkongress2019.de

 


Thomas Isenberg

Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. Alt-Moabit 101 b

10559 Berlin

Telefon: 030 39409689-1, Fax: 030 39409689-9

Mobil: 0171 7831155

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